Adlige, Admiräle, Generäle, Politiker, Theologen und Historiker haben auf dem alten Kieler Garnisonsfriedhof - auch als Nordfriedhof bekannt - ihre letzte Ruhestätte.

Aber das Grab, an dem Fremde auch nach über einem Jahrhundert Blumen ablegen, gehört einem kleinen Mädchen, das nicht einmal zwei Jahre alt geworden ist.



Der Tod von Jutta Kutter war 1909 Stadtgespräch in Kiel:

Die kleine Tochter des wohlhabenden und erfolgreichen Kapitäns zur See und späteren Konteradmirals William Kutter war zuhause in Düsternbrook an einem Bonbon erstickt, als ihre Eltern auf einer Gesellschaft waren und das Kindermädchen die Kleine mit der Süßigkeit beruhigen wollte.



Das berührende Grabmal ist das Werk zweier außergewöhnlicher Künstler:

Als Vorlage diente das Gemälde ‚Sleep’ der Französischen Portraitmalerin Francine Charderon, das ihr 1905 einen Eintrag unter die 300 besten Malerinnen aller Zeiten einbrachte.

Der Berliner Bildhauer Hans Dammann stand 1909 noch am Anfang seiner Karriere. Auf Friedhofskunst hatte er sich verlegt, weil trotz erster Erfolge Aufträge aus dem Bereich Architektur und Städtebau ausblieben.

Mehr als 130 Grabdenkmäler schuf er insgesamt in ganz Deutschland. 1914 wurde er für seine Gestaltung des Elisabethenbrunnens in Bad Homburg von Kaiser Wilhelm II mit einer Professur geehrt. Berühmt wurde er mit seinen Kriegsdenkmälern, die er nach seiner Einberufung und Verwundung im 1. Weltkrieg ab 1914 anfertigte.



Jutta Kutter‘s Grabmal steht nicht in einer Aufzählung seiner berühmten Werke in Wikipedia. Auch nicht in der allgemeinen Auflistung seiner Arbeiten.

Aber eine alte Dame bezahlte jetzt - bei einem Besuch in ihrer Heimatstadt Kiel - die Reinigung des Grabmals. Ihr war als kleinem Mädchen die Geschichte von Jutta Kutter und dem Bonbon von ihrer Mutter mahnend erzählt worden und mit ihr zusammen hatte sie früher Blumen am Grab niedergelegt.




Der alte Garnisonsfriedhof, auf dem das Meisterwerk steht, wurde 1887 weit vor den Toren Kiels, draußen bei den Schießständen eröffnet. Heute ist er ein wunderschöner, lebendiger Park der Erinnerungen.



Für die sterblichen Überreste von Soldaten aus aller Herren Länder - gestorben zu Lande, in der Luft und zur See – stellt er eine friedliche Ruhestätte dar.



Ein Besuch lohnt sehr. Besonders mit den Worten August Bebels, des Mitbegründers der SPD, im Kopf:

Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten.